Laura Rodriguez mit ihrem Vater José. Bild: rst
26.01.2024 06:00
Ein Basketball-Toptalent aus Otelfingen
Die 15-jährige Otelfingerin Laura Rodriguez zählt im Basketball zu den Schweizer Topspielerinnen ihrer Altersstufe. Die Sekundarschülerin will für die U16-Landesauswahl an der EM-Endrunde vom 14. bis 24. August in der Türkei auflaufen.
REGENSDORF. Laura Rodriguez trainiert täglich für ihr Ziel. Sie bestreitet zudem bis zu drei Meisterschaftsspiele pro Woche, im U18-»Falcons» von Basketball Regensdorf beziehungsweise für Baden Basket 54, für das sie ebenfalls auf Korbjagd geht. Letzteres zur Weiterentwicklung in dessen U23-Team, das in der Ersten Liga spielt.
In beiden Teams feilt Rodriguez mindestens zweimal wöchentlich an ihren Fähigkeiten. Seit diesem Monat darf sie zudem bereits einmal pro Woche im NLA-Team in Baden mittrainieren und «reinschnuppern». Die 1,76 m grosse Akteurin spielt vorzugsweise auf den Positionen 2 und 3 («shooting guard bzw. «small forward») oder glänzt auf dem Parkett als Spielmacherin. In Regensdorf ist Rodriguez auch ab und zu als Center aktiv, obschon sie «nur» 1,76 Meter gross ist. «Mein Ziel ist zunächst die EM-Endrunde. Und danach in Baden mehr Verantwortung übernehmen zu können», sagt Rodriguez.
Früher leidenschaftlich getanzt
«Im Basketball muss man schlau agieren auf dem Feld. Und das Team macht viel aus. Der Zusammenhalt etc. Dies alles fasziniert mich», sagt Rodriguez. Innerhalb von nicht einmal drei Jahren hievte sich Rodriguez an die nationale Spitze in ihrer Altersstufe. Vor ihrem Wechsel zum Basketball war sie unter anderem Ballett-Tänzerin. Und tanzte mit Begeisterung Hip Hop und Flamenco oder tobte sich im Zumba aus. Ihr Vater José war einst selbst als Basketball-Spieler aktiv, unter anderem beim Stadtzürcher Erstligisten Olympiakos. José Rodriguez betont, dass seine Tochter enorm viel «Herzblut» in den Sport investiere. Ihre Entwicklung sei bemerkenswert und mache ihn als Vater auch stolz. Er selbst war in einem «abgelegenen Bergdorf» in Galizien aufgewachsen. Dank seiner Leidenschaft für den Basketball hatte er sich selbst in der Schweiz vor allem auch sprachlich rasch integrieren können.
«Ehrgeiz-Bremspedal» notwendig?
Dennoch war Laura nicht durch ihren Vater zum Basketball gekommen. Zwei Kolleginnen hätten sie einmal ins Training nach Regensdorf mitgenommen. Sofort zog es Rodriguez den Ärmel rein. Heute imponiert sie beim Furttaler Klub mit Top-Statistiken, sei es nach Punkten oder der Anzahl Rebounds, also dem Abfangen von Abprallern unter dem Korb, dies sowohl in der Defensive als auch in Offensive. Talent und Wille ist bei Laura Rodriguez ausgiebig vorhanden. Sie wurde und wird in Regensdorf unter anderen durch Trainerin Claudia Croituru geformt. Die frühere rumänische Profispielerin sagt: «Laura hat grosses Potenzial. Ihre Arbeitsethik ist vorbildlich. Und sie verfügt auch über grossen familiären Support.»
Croitoru war in ihrem Heimatland elf Jahre lang als Profispielerin aktiv. Schon mit 17 spielte sie selbst in der höchsten Spielklasse. Bei Basketball Regensdorf ist Croitoru in zahlreichen Funktionen beschäftigt, unter anderem auch im Bereich als Verantwortliche des Coaching-Stabes im Nachwuchsbereich. Croitoru hat festgestellt, dass sich Rodriguez manchmal zu sehr unter Druck setze. «Und daraus kann natürlich auch mal Frust über das Abschneiden des Teams entstehen.»
Feilen an den Dreipunktewürfen
Profitieren kann Rodriguez von Spielerinnen, die über sehr viel Erfahrung verfügen und auf nationaler Ebene schon in der höchsten Spielklasse aktiv waren. Sei dies nun im Fanionteam des NLA-Aufsteigers Baden oder gar in Schweden wie im Fall einer Spielerin mit nordländischen Wurzeln. Für einige der rund 15 Kaderangehörigen wird das Erstliga-Team in Baden ein mögliches Sprungbrett für eine NLA-Karriere sein. Eine der Badener Mitspielerin ist von Rodriguez' Einsatzwillen beeindruckt: «Laura gibt immer Gas. Sie ist hartnäckig und macht auch laufend Fortschritte. Gleichzeitig ist sie sehr offen und gönnt den Teamkolleginnen den Erfolg.» Auch gehe Rodriguez auf die Ratschläge von Mitspielerinnen ein. Es sei bedeutsam, dass innerhalb des Trainings eine Konkurrenzsituation herrsche, aber ausserhalb des Sports dies dann nicht mehr der Fall sei.
Danijel Brankovic, Rodriguez' Trainer in Baden, sagt: «Für Laura ist es derzeit wichtig, im technischen Bereich weiter Fortschritte zu erzielen.» Jede Spielerin verfüge zudem über individuelle Krafttrainings-Pläne. Wenn sie weiterhin hart an sich arbeite und gesund bleibe, könne sie eine der wertvollsten NLA-Spielerinnen werden, denkt Brankovic. Eine Verletzung, ein Freund, die schulische Ausbildung oder ein Ausland-Aufenthalt - all dies könne bereits zu einer Bruchstelle auf dem ursprünglich geplanten Karriere-Weg führen, betont der frühere NLB-Spieler .
Rodriguez will sich indes in ihrem Elan nicht ausbremsen lassen. Ähnlich wie Croitoru ortet Brankovic in Rodriguez' Ehrgeiz und Engagement mit ganzer Seele im gewissen Sinne auch eine Achillesferse. Deshalb hätte er mir ihr und ihrem Vater auch schon darüber sprechen müssen. «Laura will in jedem Training das Maximum herausholen. Doch ab und an geht es auch darum, einmal einen Gang runterzufahren. Ich arbeite seit 20 Jahren mit Jungen im Basketball zusammen und habe festgestellt, dass die Gefahr besteht, dass Junge auch ausbrennen können.» Sie würden dann einfach die Lust und Freude verlieren. «Wir trimmen hier schon auf Leistung. Aber man muss den Tunnelblick manchmal auch öffnen und zwischendurch für lockere Stimmung sorgen.»
Ballkontrolle, Dribbling und immer und immer wieder der Wurf. Dies sind die Kernbereiche, in denen Rodriguez derweil eine stete Verbesserung anstrebt. «Da muss man konstant dranbleiben», betont Rodriguez. Sie komme auf rund 80 Würfe pro Team-Trainingseinheit. Oft feilt sie aber noch zusätzlich weiter an ihrer Treffsicherheit, je nach Witterung auch unter freiem Himmel. Ein Fokus liegt dabei auf den Dreipunkte-Würfen, die ein Zielgefühl aus der Distanz erfordern. In Regensdorf, wo sie eine klare Rolle als Leaderin ausfüllt, nimmt sie sich jeweils rund einen Dreipunkte-Wurf pro Partie vor. Im höheren Leistungsbereich in Baden will sie noch «den richtigen Moment» dafür abwarten. «Dazu muss man sich sicher wohlfühlen, wenn sich der richtige Moment zum entsprechenden Abschluss ergibt.» Sprungkraft und Abwehrverhalten sind weitere Komponenten, in denen Rodriguez zulegen will. «Mit den Trainern wird auch immer geschaut, dass es zu keiner Überforderung oder gar Verletzungen kommt», sagt sie. Ihre Coaches seien auch stets offen, ihr mal einen Tag frei zu geben. Davon nimmt Rodriguez gerne in Anspruch, wenn sie beispielsweise drei Spiele pro Woche bestreitet. Zudem kann Rodriguez auch über den Verein jederzeit einen persönlichen Austausch mit einer Mentaltrainerin pflegen. «Da kann ich mir den einen oder anderen Ratschlag abholen», weiss sie.
Nächster Boost durch OYM?
Ein bedeutende Weichenstellung hin zu einer NLA-Spielerin wird Rodriguez im Sommer vollziehen. Entweder wird sie sich an der United School of Zurich oder dem OYM anschliessen. Letzteres ist ein hochmodernes Athleten-Zentrum in Cham. Das OYM bietet Elitesportlern einzigartige Trainingsmöglichkeiten. Auf der Grundlage von neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen trainieren Spitzensportler dort in einer hochspezialisierten Infrastruktur für Athletiktraining und modernsten Sport-Performance-Flächen sowie erstklassig abgestimmter Ernährung. Im OYM würde Rodriguez gemeinsam mit Nachwuchstalenten aus verschiedenen Sportarten ihrem Lieblingssport unter «Profi-Bedingungen» frönen können. Und gleichzeitig in Cham auch eine KV-Ausbildung absolvieren, die sich dann über vier Jahre erstrecken würde. «Ich würde es Laura extrem gönnen, wenn sie in Cham angenommen würde. Zu meiner Aktivzeit gab es eine solche Möglichkeit noch nicht», sagt ihr Coach in Baden.
Bei der EM-Endrunde handelt es sich um ein europäisches Kräftemessen der zweiten Stärkeklasse innerhalb des Kontinents. Aktuell befinden sich 24 Spieler im Aufgebot der Schweizer U16-Juniorinnen. Nach wiederholten Zusammenzügen wird das Kader voraussichtlich auf maximal 14 Spielerinnen reduziert. Rund die Hälfte des Aufgebots stammt aus der Westschweiz, wo der Basketball vergleichsweise mit der Deutschschweiz seit jeher einen höheren Stellenwert geniesst. «Wir verständigen uns innerhalb des Nationalteams auch mit den Tessinerinnen eher auf englisch», sagt Rodriguez, die schon über die Erfahrung aus zwei Zusammenzügen verfügt. Das Fernziel für Rodriguez nach dieser EM-Endrunde wäre dann, bald einmal den Sprung in die Nationalliga A zu schaffen.
Richard Stoffel