«Ich trete in grosse Fussstapfen»
Matthias Knuser ist neuer Zunftmeister der Landzunft Regensdorf. Der 38-jährige Unternehmer spricht über familiäre Vorbelastung, aktuelle Herausforderungen und ein Herzensprojekt.
Als Zunftmeister der Landzunft Regensdorf trägt Matthias Knuser die schwere Kette zur traditionellen Tracht. Bild: mak
Matthias Knuser ist neuer Zunftmeister der Landzunft Regensdorf. Der 38-jährige Unternehmer spricht über familiäre Vorbelastung, aktuelle Herausforderungen und ein Herzensprojekt.
Herr Knuser, am 62. Hauptbott im März wurden Sie als Nachfolger von Thomas Denzler gewählt, der nach sechsjähriger Amtszeit zurücktrat – können Sie etwas über Ihren Werdegang in der Landzunft Regensdorf erzählen?
Matthias Knuser: Ich wurde 2009, damals 23-jährig, als Geselle aufgenommen – und gehörte damit zu den ganz Jungen, die bei den Aktivitäten mithelfen, aber noch keinen Beitrag zahlen. Mit 30 Jahren bin ich nach meinem Gesuch offiziell als Zünfter aufgenommen worden. Irgendwann kam Thomas Denzler auf mich zu mit der Frage, ob ich das Amt des Zunftmeisters, wenn er dereinst zurücktrete, von ihm übernehmen möchte.
Was hat Sie dazu motiviert?
Ich bin familiär vorbelastet, im positiven Sinn: Mein Vater Kurt Knuser war Zunftmeister von 2006 bis 2018. Mein Grossvater war seinerzeit Stubenmeister – und ist mit seinen 98 Jahren immer noch Zünfter, mein Bruder Raphael und ich vertreten inzwischen die dritte Generation. Ich bin mit der Zunft aufgewachsen und stolz darauf, ein solches Amt zu übernehmen – auch, weil ich dafür doch recht jung bin.
Was beinhaltet das Amt des Zunftmeisters?
Meine Aufgabe ist es, die Landzunft mit ihren 67 Mitgliedern nach aussen zu repräsentieren und den Kontakt zu anderen Zünften in Zürich, Basel und Schaffhausen zu pflegen. Ebenso gehört das Führen der Vorsteherschaft und das Leiten der Vorstehersitzungen dazu. Die Aufgaben ähneln denen eines Vereinspräsidenten. Ich war zuvor zwei Jahre Statthalter, das Pendant zum Vizepräsidenten. Von daher weiss ich bereits ein bisschen, wie es läuft, aber wenn man das Amt selbst innehat, ist es doch etwas anderes.
Sie sprachen von Ihrem Vater – ist er Ihr Vorbild, holen Sie sich bei ihm Tipps?
Die Fussstapfen, in die ich trete, sind nach seiner zwölfjährigen Zunftmeisterschaft enorm gross. Ich kann mich natürlich an ihn wenden, wenn ich schnell etwas wissen muss. Aber er redet mir nicht rein und auch Thomas Denzler nicht: Wie bei einer Unternehmensnachfolge ist es gut, wenn sich die Vorgänger zurücknehmen – aber man ist froh, wenn man mal nachfragen kann.
Neben der Pflege von Freundschaft und Geselligkeit nennt die Zunftsatzung seit Anbeginn die gemeinnützige Förderung kultureller und heimatkundlicher Belange der Region als wichtige Zielsetzung. Wo sehen Sie heute den Fokus?
Ich würde sagen, wir bewegen uns nicht zwischen, sondern in der Tradition und der Moderne. Einen Beitrag zur Erhaltung des traditionellen Kutschwesens beispielsweise leisten wir mit der jährlichen Blueschtfahrt. Moderne Aspekte kommen etwa bei unseren Vorträgen zu aktuellen Themen zum Tragen, der letzte drehte sich um das Klima. Kürzlich haben wir auf dem Zwhatt-Areal das höchste Schweizer Holzhochhaus besucht und uns dabei auch mit der Entwicklung im Dorf beschäftigt. Nach wie vor grossgeschrieben wird die Gemeinnützigkeit: Mit der jährlichen «Zehntenabgabe», deren Höhe jeder Zünfter selbst bestimmt, kommen einige Tausend Franken zusammen, die wir für Dorfvereine oder den Weihnachtsmarkt einsetzen, bedacht werden jeweils verschiedene Empfänger.
Auch die Herausgabe des Regan-Zunftblattes trägt dazu bei, dem oben genannten Anspruch gerecht zu werden?
Ja, das Zunftblatt fasst unser Schaffen sehr gut zusammen: Seit 1963 beleuchten Autoren aus eigenen Reihen und hochkarätige Gastbeiträge die historischen Entwicklungen in der Region des Furttals ebenso wie das aktuelle Geschehen in und um Regensdorf. Der Zunftmeister verfasst jeweils einen Jahresrückblick zum Zunftleben. Das Zunftblatt bedeutet viel Arbeit, die sich aus meiner Sicht lohnt: Es hat uns in der Bevölkerung zu einer recht breiten Bekanntheit verholfen.
Welchen Stellenwert haben Zünfte heute im Zeitalter des (digitalen) Social Networkings?
Geselligkeit ist uns sehr wichtig – tatsächlich das physische Zusammensitzen. Wir haben zwölf Anlässe im Jahr, an denen man sich trifft. Die Leute kommen gern, haben gute Gespräche, es sind sehr lustige und spannende, teilweise auch lange Abende. Wir sind wohl die einzige Gesellschaft, wo die Leute permanent eine halbe Stunde zu früh kommen.
Wo sehen Sie aktuell die grössten Herausforderungen für die Zunft?
Geeigneten Nachwuchs zu finden, ganz klar. Die Jungen verbindlich einzubinden, ist nicht einfach – heute ist jeder in zehn Vereinen und überall ein bisschen dabei. Wir möchten Leute gewinnen, die nicht nur einmal im Jahr, sondern an 80 Prozent unserer Anlässe teilnehmen. Das versuchen wir mit einem interessanten Jahresprogramm zu erreichen, und es gelingt uns recht gut.
Erste Zürcher Zünfte haben sich für Frauen geöffnet, ist dies auch für die Landzunft Regensdorf eine Option?
Unsere Frauen sind bei über 50 Prozent unserer Anlässe dabei, alle grossen Events finden mit Partnerin statt. Von daher sind Frauen bei uns bereits stark ins Zunftwesen eingebunden – für uns passt es wunderbar so, wie es ist.
Wie haben Sie den grössten Schweizer Zunftanlass – das Sechseläuten – als frischgebackener Zunftmeister erlebt?
Am Kinderumzug am Sonntag nahmen wir wieder mit einer grossen Gruppe von 45 Kindern teil. Als Landzunft haben wir jedoch keine Delegation, die am Montag bei den Zünften mitläuft. Ich selbst war auf persönliche Einladung bei der Zunft zu den Drei Königen dabei – da ich nicht als Zunftmeister eingeladen war, musste ich keine Rede halten und durfte den Umzug einfach geniessen.
Was sind die weiteren Höhepunkte des Jahres?
Die Blueschtfahrt ist für uns das eigentliche Highlight des Jahres. Die Ausfahrt mit 24 Kutschen durchs Zürcher Unterland ist ein wunderschöner Anlass, mit allen Helfern sind rund 120 Leute beteiligt. Diesmal, am 5. Mai, haben wir zwei Ehrengäste, die Zunftmeister von der Zürcher Zunft zum Kämbel und der Schaffhauser Zunft zun Rebleuten, die Reden halten. Das bedeutet für mich einigen Aufwand, um mich auf den Anlass vorzubereiten – doch ich freue mich sehr darauf.
Welche Projekte möchten Sie in Ihrer Amtszeit gerne umsetzen?
Da wird sich im Laufe der Zeit sicher noch das eine oder andere ergeben. Das erste grosse Projekt, das es zu stemmen gilt, ist die Erweiterung des Gemeindemuseums. Im Herbst kommt es zur Abstimmung und wird vom Stimmbürger hoffentlich bewilligt. Die Umsetzung wird mich wohl durch meine Amtszeit begleiten – es ist ein echtes Herzensprojekt.
Infos: landzunft-regensdorf.ch
Interview: Martina Kleinsorg
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