Doris Keller - die Turnierdirektorin der Frauenfussball-EM 2025. Bild: Sébastien Ross/SFV
17.05.2024 13:13
«Ein Meilenstein im Sport für unser Land»
Doris Keller wird am 23. Mai im Hotel Mövenpick in Regensdorf einen Vortrag vor dem Unternehmerverein Regensdorf halten. Die 51-jährige Zürcherin mit Berner Wurzeln wirkt als Direktorin der Frauenfussball-EM-Endrunde 2025 in der Schweiz.
Regensdorf. Die zum 14. Mal im Programm stehende EM-Endrunde der Frauen wird erstmals überhaupt in der Schweiz ausgetragen. Gespielt wird vom 2. bis 27. Juli 2025 in Zürich, Basel, Bern, Genf, St. Gallen, Thun, Luzern und Sion.
Doris Keller dirigiert als organisierende Direktorin diese «WEURO 2025» - den grössten frauenspezifischen Sportevent in Europa. Keller stellte sich im Hinblick auf ihren Vortrag in Regensdorf einem Interview mit dem «Furttaler». Am Vortrag in Regensdorf wird sie über den Stand der Vorbereitungen für diesen Grossanlass berichten.
Haben Sie selbst Fussball gespielt und was fasziniert Sie an diesem Sport?
«Ich habe nie aktiv Fussball gespielt. In meiner Jugend war ich Orientierungsläuferin und habe auch Volleyball gespielt, weshalb ich seit meiner frühen Kindheit eng mit dem (Leistungs-)Sport verbunden bin. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der verschiedene Sportarten betrieben wurden und ein breites Interesse daran bestand, das bis heute anhält. Als ich in die Berufswelt einstieg, lernte ich das dynamische Sportumfeld und den Teamgeist auch abseits des Spielfeldes zu schätzen. Die Arbeit im Sport hat mich deshalb schon früh interessiert und fasziniert - und dies hält bis heute an. Im Fussball jedoch bin ich eher zufällig gelandet.»
Sie verfügen über grosse Organisations-Erfahrung im Männer-Bereich von Spielen und Grossevents der UEFA und FIFA. Wie und weshalb wurden Sie Turnierdirektorin für die Frauenfussball-EM, der WEURO2025?
«Ich bin bereits seit über zwanzig Jahren in diesem Bereich tätig, was mir die Möglichkeit gegeben hat, verschiedene Rollen und Umgebungen kennenzulernen. Es ist korrekt, dass diese Rollen vor allem im Männer-Bereich waren, allerdings nicht ausschliesslich. Für die FIFA war ich auch zweimal für ein Frauenturnier in Costa Rica und Papua-Neuguinea tätig. Innerhalb der Organisation von Männer- und Frauenturnieren gibt es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede, da die Strukturen von den gleichen Verbänden geschaffen werden. Für all diese Erfahrungen in verschiedenen Positionen und Teilen dieser Welt bin ich sehr dankbar, da sie mir Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt haben, die es mir ermöglichen, eine leitende Position für die bevorstehende Frauen-EM zu übernehmen. Im Sommer 2023 wurde ich vom Schweizerischen Fussballverband (SFV) zur Turnierdirektorin der UEFA Women’s EURO 2025 ernannt und trage seitdem mitunter die Verantwortung für die operative Leitung des grössten frauenspezifischen Sportevents in Europa. Das ist für mich eine grosse Ehre.»
Für welchen Aufgabenbereich sind Sie genau zuständig und was sind Ihre aktuellen Herausforderungen, die Sie zu meistern haben?
«In meiner Funktion leite ich unter anderem den Bereich 'Hosting Matters', der die Teilbereiche Host City Management, das öffentliche Angelegenheiten und Sicherheit umfasst. Innerhalb dieses Bereichs führe ich Verhandlungen mit den Austragungsstätten und den Kantonen auf organisatorischer und politischer Ebene. Dazu gehören Themen wie die Integration des öffentlichen Verkehrs, die Aufhebung von Nachtflugverboten, Arbeitsbewilligungen inklusive Visa, steuerliche Aspekte und vieles mehr. Zusätzlich bin ich auch für die Verträge mit den Stadien und den Bereich der freiwilligen Helfer zuständig. Zusammen mit Guillaume Poisson, dem Chief of Operations der Women’s EURO SA, trage ich die Gesamtverantwortung dafür, sowie vollumfassend für die erfolgreiche Organisation und Umsetzung des Turniers. Ursprünglich wurde ich vom SFV als Turnierdirektorin eingestellt. Kurz nach meinem Start wurde im Rahmen des Zusammenschlusses des SFV und der UEFA das Joint Venture (JV) 'Women’s EURO SA' gegründet. Damit wurden auch meine Aufgabenbereiche übertragen.»
Zu welchem Thema werden Sie in Regensdorf sprechen?
«Ich möchte einen Überblick über den Stand der Arbeiten geben und gleichzeitig auf die aktuellen Herausforderungen hinweisen. Als Turnierdirektorin ist es meine Aufgabe, das Turnier in der Schweiz bekannt zu machen und die Öffentlichkeit zu informieren. Meiner Meinung nach wissen aktuell noch zu wenig Menschen, die in der Schweiz, aber auch in den einzelnen Austragungsstädten leben, dass die Frauen-EM überhaupt, respektive in den acht Stätten stattfindet. Das möchten wir ändern.»
Haben Sie zum Furttal eine persönliche Beziehung?
«Meine Heimatorte liegen im Kanton Zürich, ich bin jedoch in Bern aufgewachsen. Seit rund 20 Jahren lebe ich aber nun schon in Zürich. Das Furttal kenne ich vorab von Veloausfahrten.»
Welchen Gewinn bringt die Frauen-EM für unser Land?
«Der Schweizer Verband und die UEFA engagieren sich intensiv für eine Vermächtnisstrategie über die UEFA Women's EURO 2025 hinaus in der Schweiz. Das Ziel ist es, die Anzahl der aktiven Spielerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen im Land innerhalb der nächsten vier Jahre durch ein detailliertes Förderprogramm zu verdoppeln. Gleichzeitig sollen mit Unterstützung des Bundes und der Kantone auch Infrastrukturprojekte umgesetzt werden, um allen interessierten Mädchen und Jungen ein starkes Umfeld für ihren Sport zu bieten.»
Wie schätzen Sie selbst die Chancen für das Schweizer Team ein?
«Ein Turnier dieser Grössenordnung und mit diesem Stellenwert im eigenen Land ist äusserst motivierend für ein Team. Mit dem Engagement der neuen Trainerin, Pia Sundhage, tat der Schweizer Verband einen klugen Schachzug . Ich bin zuversichtlich, dass die Schweiz eine starke Leistung zeigen und die Gruppenphase überstehen wird.»
Hatten Sie die Männer-EM 2008 in der Schweiz und Österreich seinerzeit mal live in einem Stadion miterlebt?
«Ich konnte leider nur an einem Spiel der Nationalmannschaft in Basel teilnehmen, als die Schweiz gegen die Türkei spielte. Dies, weil ich zu dieser Zeit beruflich in den USA einige Freundschaftsspiele für die brasilianische Fussballnationalmannschaft organisierte. Ich erinnere mich aber noch gut daran, dass meine Mutter, die eigentlich kein Fussball-Fan ist, vollkommen begeistert von der Atmosphäre in Bern mit den niederländischen Fans war.»
Gibt es etwas Besonderes, das die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der WEURO2025 noch nicht oder kaum weiss?
«Diese Endrunde markiert einen Meilenstein für den Sport in unserem Land. Als das grösste organisierte Sportereignis seit der WM 1954 in der Schweiz angekündigt, verspricht die WEURO 2025 ein Highlight zu werden, das niemand verpassen sollte. Nach der erfolgreichen Frauen-EM in England 2022, soll die Ausgabe der UEFA Women’s EURO 2025 in der Schweiz die neuen Massstäbe und Standards im internationalen Frauenfussball weiter anheben. Die Vorfreude wächst, insbesondere da die Tickets ab dem 1. Oktober zu einem erschwinglichen Preis ab 25 Franken erhältlich sein werden. Wir streben danach, sicherzustellen, dass die Veranstaltung für alle zugänglich ist. Schon vor dem eigentlichen Turnierstart am 2. Juli kann man uns hautnah erleben, an der Foire du Valais, der Olma oder der BEA, sowie bei vielen anderen Veranstaltungen in unseren acht Austragungsstätten.»
Interview: Richard Stoffel