Regensdorfs Polizist der ersten Stunde¶
Andy Gantner (82) war vor 50 Jahren der erste Gemeindepolizist in Regensdorf. Der Pensionär blickt auf die Zeit zurück, darunter seinem Solo-Wirken mit seinem Schäferhund zwischen 1974 und 1986.¶
Andy Gantner (82) war vor 50 Jahren der erste Gemeindepolizist in Regensdorf. Der Pensionär blickt auf die Zeit zurück, darunter seinem Solo-Wirken mit seinem Schäferhund zwischen 1974 und 1986.¶
Bekanntheit erlangte Andy Gantners Wirken als Gemeindepolizist auch wegen seinem Schäferhund Harry vom Drusberg. Das eingespielte Duo war in Regensdorf respektiert und zuweilen vorab von «bösen Buben» auch gefürchtet. Gantner, der seit 2010 Präsident des 60 Jahre alten Vereins «Alt Regensdorf» ist, erinnert sich an diese Zeiten mit einem breiten Lachen im Gesicht. «Mein vierbeiniger Freund sah aus dem Seitenfenster des Autos heraus und beobachtete alles.» Gantners Vierbeiner stellte dann beispielsweise Mofafahrer, die zu zweit auf dem Mofa unterwegs gewesen seien
«Ich brauchte bloss 'Hole ihn' zu rufen und der Hund ging los.» Weiter vorne seien dann die Mofafahrer freiwillig von ihrem Gefährt abgestiegen. Und kaum eine Stunde später hätte dies bereits über Regensdorf hinaus die Runde gemacht. Die eigenen Kinder, die in Buchs damals in die Schule gingen, erfuhren dies in der damaligen Vor-Handy-Zeit jeweils binnen kürzester Zeit über den Latrinen-Weg. «Latrinen-Weg» wird auch als «Flur-Funk» bezeichnet. Und beim Amateurfunk ist Gantner selbst auch Experte. Er amtierte von 1975 bis 1978 gar als Präsident der Schweizer Amateurfunk-Vereinigung «Ritter des Funks». «Ich hatte ein eigenes Funknetz aufgebaut, das es zu seiner Zeit von der Gemeinde her noch nicht gab.»
Auch als Schiess-Instruktor bei der Polizei oder Präsident der Verkehrskadetten Zürich Unterland wirkte Gantner und bestritt mit letzteren auch lange Märsche. Einer seiner grossen Einsätze als Gemeindepolizist hatte Gantner, als in den Siebzigerjahren der damalige Bundesrat Kurt Furgler in Regensdorf einen Termin hatte. Da galt es eben unter anderem auch, das parkierte Auto von Furglers Delegation zu überwachen. Gefährlich sei es einmal geworden, als ein betrunkener Mann in einer Wohnsiedlung das Sturmgewehr aus dem Kasten nahm. Dessen Sohn rief dann bei der Polizei an, dass man ihn entwaffnen solle. Dies sei dann durch eine Spezial-Einheit der Bezirks-Patrouille inklusive Verhaftung erfolgt.
Im Dezember 1980 wiederum gab es eine Demonstration zu Gunsten des damals prominenten Schweizer Gefangenen und Ausbrecher-Königs Walter Stürm, der in Regensdorf nach wiederholten Ein- und Ausbrüchen in Isolationshaft genommen wurde. «Die Chaoten wurden da von Watter Bauern mit Gülle bespritzt. Ich war in zivil mit dem Hund unterwegs und leitete beispielsweise sämtliche Taxis an, das Gebiet zu meiden.» Ebenso wurden mehrere Eingänge zum Zentrum abgeriegelt. «Wir waren froh, dass wir dies damals so gut meisterten. Die Kantonspolizei und Feuerwehr sassen dann noch zum Abendessen zusammen.» Es sei dann aber schon eine Retourkutsche erfolgt. Es kamen Morddrohungen von den Chaoten, die zudem ankündigten, die Bauernhöfe von Watt abzufackeln. Folge dessen wurden die Nacht-Patrouillen der Polizei in der Nähe der Watter Bauernhöfe verstärkt.
Hie und da musste Gantner auch in der einen oder anderen Beiz einen handfesten Streit schlichten, zumeist reichte da ein verbales Dazwischengehen aus. In selteneren Fällen musste er auch selbst anpacken und dann gegebenenfalls den «bösen Buben» bei der Gemeinde verzeigen lassen, die dann entsprechende Bussen aussprach. Gantner selbst machte Judo und Karate bis zum grünen Gürtel. Er sei noch nie angegriffen worden. «Aber es gab Leute aus Regensdorf, die sich beim Polizei-Vorstand beklagten, dass sie Angst vor dem Hund hätten.» Dabei sei er ein sehr friedliebender Hund und keinesfalls aggressiv gewesen. «Im Verlaufe meiner Tätigkeit kamen immer mehr Aufgaben dazu. Auch die Büroarbeit nahm zu, angefangen von Rechtshilfegesuchen.» Und er erinnert sich noch genau daran, wie er Polizist wurde.
Er war einmal an einem Samstag im Shoppingcenter Spreitenbach einkaufen, als er von einem Bekannten aus Regensdorf angesprochen wurde, der bei einer Zürcher Privatpolizei arbeitete. Nach einem Vorort-Gespräch mit dessen Vorgesetzten erhielt Gantner drei Wochen später eine Einladung nach Witikon für ein Bewerbungs-Gespräch. Er wurde dann sofort eingestellt. «Es folgten Uniform-Dienste, Aufträge der Stadt Zürich, Bussenverteilung im Gebiet der ETH und der Universität Zürich. Dann auch Sicherheits- beziehungsweise Schutz-Dienste, unter anderem von jüdischen Mitbürgern und Institutionen», erinnert sich Gantner.
Nebenbei wirkte Gantner auch bei der Feuerwehr in Regensdorf mit. Schliesslich wurde er über seine Kanäle zu einer Bewerbung als Gemeinde-Polizist von Regensdorf aufgefordert. Dabei setzte er sich aus einem Kreis von einem halben Dutzend Kandidaten durch und wurde zum ersten Polizisten der Gemeinde Regensdorf gewählt. Zwischen 1974 und 1986 versah er seinen Dienst in einer Einmann-Tätigkeit ausserhalb des Bereiches der Kriminalpolizei. Und wenn es nach Feierabend (18 Uhr) noch einen Verkehrsunfall oder in der Nacht einen Streit gab oder noch später gar einen Brand, dann rückte auch Gantner abermals aus. Wobei er die Überzeit einziehen und kompensieren konnte, diese aber auch zumeist in Weiterbildung investierte. Er besuchte da in Neuenburg entsprechende Kursangebote der Polizei.
Schon seit langem sammelt Gantner auch Polizei-Abzeichen aus aller Welt, wobei die US-amerikanischen Insignien dominieren. Entsprechende Erkennungsmarken stammen beispielsweise aus Tucson im US-Bundesstaat Arizona oder aus Maui, Hawaii. Da Gantner Mitglied der weltweiten Polizei-Organisation IPA (International Police Association) ist, gab es immer wieder entsprechenden Austausch. Und er kreierte bei der entsprechenden Medaillenschmiede bei Faude Gippingen ein selbst entworfenes Abzeichen der Gemeinde Regensdorf. Eine andere Plakette an seinen Wänden ziert den Namen Abraham Gantner und die Jahreszahl von 1587. Zu seiner Zeit war Abraham Gantner Landvogt des heute noch existierenden Schlosses Brandis Maienfeld. Einer seiner Verwandten, der US-Einwanderer Samuel Gantner, gehörte 1941 den US Marines und einer Einheit an, die den japanischen Angriff auf Pearl Harbor auf Hawaii nicht überlebte. Schon die Vorfahren von Andy Gantner hinterliessen ihre Spuren in der Zeitgeschichte - er selber tat dies eben als Regendorfs erster Gemeindepolizist der Geschichte.
Richard Stoffel
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