Mit Werner Leimgruber aus Dällikon ist einer der ruhmreichsten Fussballer aller Zeiten aus dem Furttal vor rund einer Woche im Alter von 90 Jahren verstorben. In seiner Aktivzeit glänzte der Allrounder beim FC Zürich als Verteidiger, Mittelfeldspieler und Stürmer.
Dällikon. Drei Schweizer Meistertitel (1963, 1966 und 1970) und zwei Cupsiege (1966, 1970) feierte er mit dem FCZ, dem er abgesehen von einer Saison bei Locarno (1956/1957) stets die Treue hielt und für den er auch von 1965 bis 1969 die Captain-Binde trug. Er ist jeweils die Nummer 8 der meisteingesetzten Spieler der FCZ-Klubgeschichte sowie in der ewigen FCZ-Torschützenliste (395 Pflichtspiele/91 Tore).
Zu internationalen Klubhighlights zählten der Halbfinal-Vorstoss im Europacup der Meister gegen Real Madrid (1964) sowie ein Freundschaftsspiel mit dem FCZ gegen das brasilianische Traditionsteam Santos (1968) mit seinem damaligen Superstar Pelé. Für die Schweiz bestritt Leimgruber zehn Länderspiele. Höhepunkt war dabei die Teilnahme an der WM-Endrunde 1966 in England, wo er bei der 1:2-Niederlage in Sheffield gegen Spanien zum Einsatz kam.
Gleichenorts gab es einige Tage davor die vielzitierte «Nacht von Sheffield». Leimgruber hatte damals mit seinem jüngeren Teamkollegen und späteren Nationaltrainer Köbi Kuhn sowie Ersatzgoalie Leo Eichmann den Zapfenstreich für einen Ausgang überzogen. Die Medien schrieben seinerzeit von einer Stunde Verspätung. Doch Witwe Teresina Leimgruber (85) hält gegenüber dem «Furttaler» fest: «Es waren gerade mal 28 Minuten. Und sie hatten ja gar nichts getan. Überhaupt nichts. Sie waren nur spazieren wie es auch vom Nationaltrainer ausgegeben worden war.» Und da seien zwei vorbeifahrende junge Frauen auf die Fussballer aufmerksam geworden und fragten, ob es möglich sei, dass sie ihnen ihren fussballbegeisterten Vater vorstellen könnten. Dadurch sei es zur Verzögerung gekommen. Dies sei wirklich alles gewesen, hält Teresina Leimgruber fest. «Ich hatte mich damals über dieses Aufbauschen der Geschichte wirklich masslos geärgert.» Die verspätete Rückkehr ins Team-Hotel erfolgte am Vorabend des ersten WM-Spiels gegen Deutschland (0:5). Das Trio war deshalb für diese Partie vom Aufgebot ausgeschlossen worden. Teresina Leimgruber kannte Köbi Kuhn sehr gut, der in seiner Aktivzeit während Jahren als Captain des FCZ sowie im Nationalteam fungierte und später zu einem enorm populären Nationaltrainer wurde. «Köbi war ein Lustiger. Er machte immer etwas 'Chalb'. Werni dagegen war sehr ruhig. Köbi kam auch privat sehr viel zu uns mit seiner Frau Alice.» Kuhn verstarb im Jahre 2019.
68 Jahre lang verheiratet
Sage und schreibe 68 Jahre lang waren Teresina und Werner Leimgruber verheiratet - und sie schwärmt noch heute von ihm. Er sei in jeder Beziehung ein guter Ehemann gewesen, vor allem auch tierlieb. An das erste Kennenlernen erinnert sie sich noch präzise. «Wir waren sehr jung. Er war 20, ich 15.» Die beiden wohnten in der gleichen Wohnsiedlung im Zürcher Kreis 5. Und Werner Leimgruber sah jeweils aus dem Fenster und machte auf sich aufmerksam, als er Teresina draussen erblickte. «Da sah ich, dass es ein schöner Mann war», erinnert sich Teresina Leimgruber. Später trafen sie sich dann, aber nur heimlich. Sie sah ihn jeweils auch mit dem Velo und der Sporttasche ins Training gehen.
Bei den ersten Gesprächen erzählte Werner Leimgruber viel von seiner Leidenschaft, dem Fussball. Sie hätte eigentlich nicht mal gewusst, um was es da ginge. Doch Leimgruber blieb hartnäckig und erklärte ihr selbst die komplizierte Offside-Regel. Schon mit 17 folgte dann für Teresina die Heirat, zumal auch schon Sohn Roger unterwegs war. In der langjährigen Ehe begleitete Teresina ihren Mann, der ansonsten bis zur Pension vollberuflich als Sanitärinstallateur tätig war, an zahlreiche Spiele im In- und Ausland. Es sei immer interessant und lustig gewesen. Bei einem Europacup-Spiel in Budapest seien sie mal zum Reiten gekommen. Verdient hätten die FCZ-Spieler seinerzeit noch wenig. In den Fünfzigerjahren betrug die Punkteprämie beispielsweise gerade mal 50 Franken.
«Pareillement»
Dafür erlebte man etwas. Es gibt zahlreiche Anekdoten. Noch ehe ein Mannschafts-Car die Norm war, reiste man mit dem Zug an die Auswärtsspiele. «Etwaige Verspätungen wären da auch nicht mit einer Forfait-Niederlage belegt worden», weiss Sohn Roger Leimgruber. Und einmal machte Teresina Leimgruber die Erfahrung, dass auch in der Romandie nicht alles 'nonchalant' gehandhabt wird. Einmal sei sie mit zwei anderen Spielerfrauen ans Auswärtsspiel nach Genf gegen Servette gereist.
Dabei hätte die Frau von Leimgrubers Teamkollege Pirmin Stierli eine Einfranken-Busse als Fussgängerin kassiert, weil sie nicht via Zebra-Streifen die Strasse überquert hatte. Die Busse hätte sie dann mit zahlreichen Einräppler-Münzen beglichen. Der Polizist sei darob ungehalten geworden und hätte seinen Unbill den drei Frauen gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht. «Wir verstanden es nicht genau, sagten aber einfach 'pareillement', was auf Deutsch so viel wie gleichfalls bedeutet.»
Werner Leimgruber war nach seiner Karriere nebenberuflich als Spielertrainer und Trainer von 1971 bis 1974 beim damaligen Erstligisten Blue Stars Zürich tätig und engagierte sich kurzzeitig auch als Juniorentrainer beim FCZ. Und nach seiner Pensionierung widmete er sich oft der Gartenarbeit «und pflegte seinen Rasen oder beschäftigte sich mit den Schildkröten (Geburtsjahr 1967), den drei Malteserhunden und den diversen Katzen», heisst es in einem Schreiben der Familie.
Abdankung am nächsten Dienstag
Weiter wird betont, dass Leimgruber seinem Sohn Roger (68) und seiner Tochter Sara (46) ein liebevoller Vater gewesen sei. Ferner trauern die beiden Brüder Bruno (92) und Kurt (82), der Enkel, Reto Leimgruber (42), die Schwägerin Elisabeth (75) und Saras Lebenspartner David Airo Farulla (46). «Leimgrubers weitere Familie, seine Freunde und Bekannten schätzten Werner stets als verlässlichen Gesprächspartner sowie als grosszügigen und hilfsbereiten Menschen.» Bis vor drei Jahren war Leimgruber als FCZ-Ehrenmitglied auch noch häufig an den Heimspielen der Stadtzürcher anzutreffen. Zudem war er 2021 auch geladener Gast bei den Feierlichkeiten zum 125-Jahr-Jubiläum des Klubs. Werner Leimgruber verstarb am 2. Januar im Beisein seiner Liebsten. Die Beisetzung findet am nächsten Dienstag im engsten Familienkreis statt. Anschliessend folgt eine öffentliche Abdankung ab 14.15 Uhr in der Kirche Dällikon (Buchserstrasse 2, 8108 Dällikon).
Richard Stoffel