23.05.2025 08:00
Wo Eisvogel und Feuersalamander sich guten Tag sagen
Der Furtbach wird auf rund 1,5 km Länge über Kantons- und Gemeindegrenzen hinweg revitalisiert. Aus dem eintönigen, kanalisierten Gewässer entsteht ein vielfältiger, artenreicher Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen.
Furttal. Ein Schreitbagger fährt in Schieflage einem Graben entlang, hievt Gestrüppe, Baumstämme und tonnenschwere Steine, schwingt sie von der einen Uferseite zur anderen – und das für die Natur und Artenvielfalt rund um den Furtbach. Dieser wäre im Naturzustand nämlich ein Riedbach, der sich durch ein ausgedehntes Feuchtgebiet windet. Um 1870 erfolgte aber die erste Begradigung des Bachlaufs und 1923 die Trockenlegung der Furttalebene mit dem heutigen künstlich befestigten Trapezprofil. Dadurch konnten damals Überschwemmungen reduziert und Flächen für die Landwirtschaft gewonnen werden. Infolgedessen verkümmerte der Furtbach allerdings als Gewässer. Er ist heute ein monotones Gerinne mit nur wenig bachtypischen Lebensräumen. Dies soll nun geändert werden.
In einem gemeinsamen Projekt der Kantone Aargau und Zürich wird der Furtbach auf einer Länge von 1,5 km aus seinem künstlichen Korsett befreit. Der Uferverbau aus Betonbrettern wird entfernt, damit der Bach sich wieder schlängelnd entwickeln und seine Mäander schlagen kann. Dadurch erhält das Gewässer wieder mehr Platz und kann sich zu einem vielfältigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen entwickeln.
Seit Februar laufen Vorbereitungsmassnahmen wie Holzereiarbeiten und Bodenabtragungen. Dazu müssen bestehende Bäume und Sträucher teilweise entfernt werden. Wo möglich bleiben die Bäume aber erhalten, da sie als wertvolle Uferbestockung dienen. Auch das gefällte Holz wird in die Bachgestaltung miteinbezogen. «Bei uns wird alles recycelt», sagt Marvin Koch, Projektleiter vom Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL). Das Amt ist Teil der Baudirektion des Kanton Zürich sowie eine der beiden Bauherrschaften des Projekts.
Nun, da die Fischschonzeit vorbei ist, wurden bereits erste strukturelle Massnahmen im Gewässer umgesetzt. «Mit Wurzelstöcken und Baumstämmen im Gewässer entstehen vielfältige Strömungsverhältnisse sowie Unterschlüpfe für Fische und andere Lebewesen», erklärt Nanina Blank, Projektleiterin der Abteilung Landschaft und Gewässer (ALG) des Departements Bau, Verkehr und Umwelt des Kanton Aargau – die zweite Bauherrschaft im Bunde – und Koch ergänzt: «Zusätzlich werden Amphibiengewässer für gefährdete Arten wie die Gelbbauchunke, die Geburtshelferkröte und die Erdkröte sowie Überwinterungs- und Nistplätze für Zauneidechsen und Ringelnattern angelegt.» Auch würden seltene Arten wie der Eisvogel oder der Feuersalamander hier einen wertvollen Lebensraum vorfinden. Aber nicht nur für rare Geschöpfe eignen sich abwechslungsreiche Gewässer: «Natürliche Gewässer haben die höchste Biodiversität: sie bieten auf kleinstem Raum den meisten Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum», so Blank.
Abwechslung sorgt für Biodiversität
Der Bach erhält viele Elemente aus Holz, welche die Fliesstiefe und Fliessgeschwindigkeit auf natürliche Art variieren und Unterschlüpfe für Fische und Bachlebewesen bieten. Denn je abwechslungsreicher ein Bach ist, desto mehr Arten zieht er an. «Das ist wie bei uns Menschen», vergleicht Blank mit einer Analogie: «Manche mögen es gemütlicher, manche schnelllebiger. Das kommt in der Natur auch immer auf das Alter und die Jahreszeit darauf an. Jedes Tier braucht zu anderen Zeiten andere Lebensräume.» Der Bach würde eine ökologische Nische für eine ganze Bandbreite verschiedenster Organismen der gesamten Nahrungspyramide bieten. Darüber hinaus soll für die Bevölkerung der Furtbach stellenweise zugänglich und erlebbar gemacht werden. Dazu werden flache Ufer und Sitzmöglichkeiten fürs Verweilen am Wasser erstellt.
«Es ist immer ein emotionales Thema und sehr augenfällig, wenn für etwas Bäume gefällt werden», zeigt sich Koch verständnisvoll. «Doch wenn für den Furtbach mehr Platz geschaffen werden soll, dann müssen einige Bäume leider weg. Es ist uns aber ein grosses Anliegen, so viele wie nur möglich stehen zu lassen.» Dass sich die Natur nach den Bauarbeiten wieder erholen würde, sei nur eine Frage der Zeit. Auch würden nach den Bauarbeiten, deren Beendigung voraussichtlich Ende Oktober sein wird, zusätzlich neue Bäume wieder gepflanzt werden. Die gesamten Projektkosten belaufen sich auf rund 4,8 Millionen Franken und werden getragen vom Bund, den Kantonen Aargau und Zürich, den Gemeinden Würenlos und Hüttikon, dem naturemade star-Fonds von ewz sowie der SBB.
Janik Schmid